Internationales Gravitationswellenlabor in Maastricht eröffnet
Die niederländische Ministerin für Bildung, Kultur und Wissenschaft, Ingrid van Engelshoven, wird heute Nachmittag ETpathfinder in Maastricht eröffnen. Dieses hochmoderne Physiklabor wird als Prüfstand für die Entwicklung von Technologien für künftige Gravitationswellendetektoren dienen. Die Eröffnung von ETpathfinder stärkt auch die Position der Grenzregion als Standortkandidat für den neuen europäischen Gravitationswellendetektor, das Einstein-Teleskop.
Dies ist eine gemeinsame Presseerklärung der Universität Maastricht und Nikhef
ETpathfinder wird derzeit an der Universität Maastricht gebaut. Gemeinsam mit dem niederländischen Physikinstitut Nikhef ist die Universität in Südlimburg Initiator des Projekts, an dem auch Wissenseinrichtungen aus ganz Europa beteiligt sind. Professor Stefan Hild, Projektleiter von Etpathfinder sagt: „Wir haben ETpathfinder mit 15 Partnern aus den Niederlanden, Belgien und Deutschland gestartet. Inzwischen haben auch Universitäten und Forschungsinstitute aus Frankreich, Großbritannien und Spanien ihren Beitrag geleistet. Es ist großartig zu sehen, wie all dieses internationale Fachwissen hier in unserer Einrichtung zusammenkommt.“
„Der ETpathfinder ist ein wichtiger Gewinn für die Wissenschaft in den Niederlanden“, sagt die scheidende Ministerin van Engelshoven. „Damit stärken wir sowohl die Entwicklung einer groß angelegten wissenschaftlichen Infrastruktur als auch den Anspruch, Grundlagenforschung zu betreiben. Ich freue mich, dass ich gemeinsam mit den anderen Partnern einen Beitrag zu diesem Instrument leisten konnte.“
Gravitationswellen
Gravitationswellen bringen uns mehr Informationen über das Universum. Was geschah zum Beispiel kurz nach dem Urknall? Sie treten auf, wenn zwei Himmelskörper, z. B. schwarze Löcher oder Neutronensterne, zusammenstoßen. Dieses natürliche Phänomen verursacht Wellen in der Raumzeit. Der Effekt ist jedoch so klein, dass er erst 2015 zum ersten Mal gemessen wurde. Es dauerte also rund 100 Jahre, bis die Technologie so weit fortgeschritten war, dass Gravitationswellen, die Albert Einstein bereits 1916 vorausgesagt hatte, tatsächlich nachgewiesen werden konnten.
Prüfstand für Gravitationswellenforschung
Mit ETpathfinder blicken die Physiker:innen in die Zukunft. Um das Jahr 2035 muss ein neuer europäischer Gravitationswellendetektor fertig sein: das Einstein-Teleskop. Das Einstein-Teleskop wird eine Investition von rund 2 Mrd. EUR erfordern und 10-mal empfindlicher sein als die derzeitigen Messgeräte. Dies dürfte zu Hunderttausenden oder sogar Millionen von Beobachtungen von Gravitationswellen jedes Jahr führen. Eine derartig große Steigerung der Empfindlichkeit kann jedoch mit der derzeitigen Technologie nicht erreicht werden.
Die erforderlichen Technologien und Techniken werden daher zunächst mit ETpathfinder entwickelt und getestet. So werden beispielsweise neue Kühltechniken, Spiegelbeschichtungen und Laser von kooperierenden Forschungsinstituten und High-Tech-Unternehmen entwickelt. Es ist zu erwarten, dass diese Innovationen auch weitere Anwendungen in der Industrie finden werden.
Die Anlage selbst wird aus einer großen staubfreien Halle mit stabiler Temperatur bestehen: einem Reinraum. Darin können in den nächsten 20 bis 30 Jahren verschiedene Formen von Laserinterferometern, die Technik zur Messung von Gravitationswellen, aufgebaut werden. Diese Anlagen bestehen aus mehreren Türmen mit verschiedenen Geräten und 20 Meter langen „Armen“ aus Vakuumröhren. Diese Armlänge reicht nicht aus, um Gravitationswellen zu messen, aber sie reicht aus, um die Technologien und deren Wechselwirkung zu entwickeln und zu testen.
Die Niederlande und das Einstein-Teleskop
Es ist kein Zufall, dass ETpathfinder in Maastricht gebaut wird. Die Grenzregion ist wie die italienische Insel Sardinien ein vielversprechender Standort für das eigentliche Einstein-Teleskop. Neben dem Vorhandensein von ETpathfinder punktet Südlimburg durch seine besondere Bodenbeschaffenheit, die störende Schwingungen im Untergrund dämpft. Auch oberirdisch ist es vergleichsweise ruhig. So gibt es beispielsweise nur wenige Eisenbahnlinien und Windkraftanlagen in der Nähe. Gleichzeitig bietet das Gebiet eine gute Ausstattung und beherbergt viele Forschungseinrichtungen und Technologieunternehmen.
Van Engelshoven unterstreicht auch diese Rolle von ETpathfinder: „Es bereitet die Niederlande, Belgien und Deutschland auch sehr gut auf ein zukünftiges großes Einstein-Teleskop vor und ist ein Beweis für die hervorragende Zusammenarbeit zwischen den drei Ländern. Gemeinsam arbeiten wir hart daran, das Einstein-Teleskop in die Niederlande zu bringen, aber das ist natürlich noch Zukunftsmusik. Eine solche groß angelegte Forschungsinfrastruktur ist eine enorme Chance für die Region.“
Eine noch zu bildendes internationales Gremium wird voraussichtlich um das Jahr 2025 entscheiden, wo das Einstein-Teleskop gebaut werden soll. Für ETpathfinder macht das keinen Unterschied: Die Anlage in Maastricht wird so oder so weiterhin eine wichtige Rolle für das Einstein-Teleskop spielen.