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Pulsar-Timing misst Hintergrund-Chorus von schwachen Gravitationswellen

Ein Meilenstein in der Astronomie: Zum ersten Mal haben Astronom:innen Spuren von Gravitationswellen mit extrem niedriger Frequenz gefunden. Diese entstehen, wenn extrem massereiche schwarze Löcher im Herzen von Galaxien einander umkreisen. Die verwendete Messtechnik ist eine wertvolle Ergänzung für erdgebundene Observatorien wie das künftige Einstein-Teleskop.

Mehr als fünfundzwanzig Jahre Beobachtungen mit der Pulsar-Timing-Methode zeigen, dass das Universum mit einem Hintergrundrauschen – einem Chor von Gravitationswellen extrem niedriger Frequenzen – erfüllt ist. Dies gaben die europäische Kollaboration EPTAGW und die australischen, chinesischen und nordamerikanischen Teams PPTA, CPTA und NANOGrav am 29. Juni bekannt.

Die von EPTAGW und ihren Kolleg:innen gemessenen Gravitationswellen sind so niederfrequent, dass sie beispielsweise von langsam umeinanderkreisenden extrem massereichen schwarzen Löchern stammen können. Das sind Exemplare, die Millionen Mal schwerer sind als die Sonne und sich im Zentrum von Galaxien wie unserer Milchstraße befinden.

Pulsare können zur Messung von Gravitationswellen extrem niedriger Wellenlängen verwendet werden. Quelle: Danielle Futselaar / MPIfR

Pulsar-Timing

Gravitationswellen sind Wellen im Gefüge des Universums, wie die Wellen in einem Teich, in den man Kieselsteine wirft. Sie treten auf, wenn riesige Massen wie schwarze Löcher einander umkreisen oder sogar zusammenstoßen. Gravitationswellen bieten daher einen verblüffenden Einblick in die extremsten Ereignisse des Universums.

Das Pulsartiming misst Gravitationswellen, indem es Pulsare über lange Zeiträume hinweg genau verfolgt. Dabei handelt es sich um erloschene Sterne, die sehr regelmäßig aufblitzen, während sie sich um ihre Achse drehen. Vorbeiziehende Gravitationswellen bewirken, dass wir auf der Erde Änderungen des Blinkrhythmus sehen. Dank dieses Effekts konnten die EPTAGW-Astronom:innenen Dutzende solcher kosmischen Uhren als Gravitationswellendetektor nutzen.

Gravitationswellen-Orchester

Auf der Erde stationierte Observatorien wie das US-amerikanische LIGO, das europäische Virgo und das künftige Einstein-Teleskop können nur Gravitationswellen messen, die von sehr viel kleineren schwarzen Löchern und Neutronensternen mit einigen Sonnenmassen verursacht werden. Mit solchen Interferometern können die Quellen von Gravitationswellen jedoch viel besser lokalisiert werden.

Co-Forscherin Gemma Janssen vom niederländischen Institut ASTRON bezeichnet den Fund in der niederländischen Zeitung „de Volkskrant“ als eine völlig neue Sichtweise auf das Universum: „Man könnte sagen, dass LIGO nur die hohen Töne einer Flöte hören kann. Wir hören die tiefen Töne eines Kontrabasses. Um das ganze Musikstück zu verstehen, braucht man natürlich alles.”

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