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„Einstein Teleskop als rechtliches Testfeld für ganz Europa“

Die Juristin Loth Van der Auwermeulen (Universität Hasselt) untersucht grenzüberschreitende Rechtsfragen bei der Vorbereitung, dem Bau und dem Betrieb des Einstein Teleskops. Für das Einstein-Teleskop-Projektbüro in der Euregio Maas-Rhein prüft sie, welche rechtlichen Möglichkeiten für das Observatorium bestehen und ob das Projekt ein Testfeld für die europäische Zusammenarbeit sein kann.

Jurist Loth Van der Auwermeulen (Universiteit Hasselt). Beeld: Jonathan Vos Photography
Jurist Loth Van der Auwermeulen (Universität Hasselt). Bild: Jonathan Vos Photography

Als ich gebeten wurde, einen großen Teil der rechtlichen Vorbereitungen für das Projektbüro zu übernehmen, wusste ich kaum etwas über das Einstein Teleskop. Ja, ich hatte irgendwo gelesen, dass es in der wallonischen Stadt Dalhem ein Problem mit geplanten Windkraftanlagen gab, für die unser belgischer Staatsrat die Genehmigung wegen Unvereinbarkeit mit dem Einstein Teleskop gekippt hatte. Typisch für eine Juristin, dass ich genau das weiß. Inzwischen bin ich voll und ganz in die Welt des ET eingetaucht und lerne jeden Tag etwas über alle damit verbundenen Disziplinen. Wie sie voneinander abhängig sind und aufeinander abgestimmt werden müssen. Geologie, Tunnelbau, Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Wissenschaft. Unglaublich faszinierend das alles.

Zu oft kommt es bei Projekten noch vor, dass erst ganz zum Schluss eine Juristin oder ein Jurist eingeschaltet wird, die bzw. der dann mit dem Gesetzbuch winkt und ein rechtliches Problem feststellt. Bei einem solchen Megaprojekt wie dem Einstein Teleskop wäre dies natürlich problematisch. Meine Aufgabe als Neuling im Team ist es, proaktiv auf mögliche rechtliche Engpässe aufmerksam zu machen und nach Lösungen zu suchen. Es handelt sich dabei um „klassische“ Rechtsfragen, z. B. die Frage, wer eigentlich was zu sagen hat über die Bodenschicht in 250 Metern Tiefe, wo das Teleskop geplant ist. Die rechtlichen Unterschiede zwischen den beteiligten Ländern sind hier ein wichtiger Schwerpunkt. In jedem Land gelten andere Regeln, die auch der Ausgangspunkt für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit sind. Aus rechtlicher Sicht ist es sehr interessant zu sehen, ob wir die verschiedenen Vorschriften der einzelnen Länder aufeinander abstimmen und – mit anderen Worten – ein einziges Regelwerk auf dieses grenzüberschreitende Projekt anwenden können.

Genau aus diesem Grund könnte das Einstein Teleskop aus rechtlicher Sicht eine wichtige Rolle für Europa spielen. Es zeigt sich, dass die Europäische Union die grenzüberschreitende Zusammenarbeit fördert, aber noch nach einem rechtlichen Rahmen dafür sucht. Ein einheitlicher europäischer Rechtsrahmen, der von allen Mitgliedstaaten unterstützt wird, liegt noch in weiter Ferne. Regionale bewährte Praktiken können durchaus als Inspiration für einen künftigen europäischen Rechtsrahmen dienen. In den Benelux-Ländern gibt es dafür bereits zahlreiche Beispiele. Auf rechtlicher Ebene wurden hier bereits wichtige Schritte für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit unternommen. Obwohl Deutschland nicht offiziell Mitglied der Benelux ist, sind die Beziehungen zwischen den Ländern gut. Die Lage in der Euregio Maas-Rhein macht dieses Projekt in rechtlicher Hinsicht zu einem potenziell sehr interessanten Testfeld für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Europäischen Union. Was zunächst wie ein Fallstrick erscheint, kann sich als echte Chance entpuppen. Hoffentlich werden wir bald eine solche bewährte Praktik sein.

Die Menschen denken oft, dass die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen bestimmen, was geschieht. Doch das ist ein Irrtum: Während rechtlich vieles möglich ist, ist bei grenzüberschreitenden Projekten die politische Unterstützung wichtiger. Damit fängt es an. Neben den rechtlichen Möglichkeiten werde ich auch mit der Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit zusammenarbeiten, um Möglichkeiten im Bereich der Nachhaltigkeit zu finden. Meine Universität verfügt über ein großes Fachwissen in diesem Bereich. Für mich als Juristin ist es sehr inspirierend zu sehen, wie die Forschenden an der UHasselt den Mut haben, von nachhaltigen Lösungen für zahlreiche Anwendungen wie das Einstein Teleskop zu träumen, und diese Träume dann oft mit ihrer Forschung auch verwirklichen können.

Was ich persönlich an diesem Projekt wirklich toll finde, ist die Tatsache, dass das Einstein Teleskop in unserer Grenzregion in einem Randgebiet Belgiens und der Niederlande gebaut werden und gleichzeitig einen äußerst positiven Beitrag für das ganze Land leisten könnte. Daran teilhaben zu können, ist für mich ein riesiges Erfolgserlebnis.

–Loth Van der Auwermeulen

Loth Van der Auwermeulen (33) wird am 8. November 2023 an der Universität Hasselt über die Rolle des Verwaltungsrechts bei der grenzüberschreitenden interkommunalen Zusammenarbeit promovieren. Vor ihrem Promotionsstudium arbeitete Loth Van der Auwermeulen als Juristin für Verwaltungsrecht auf lokaler Ebene. Sie ist Mutter von zwei kleinen Kindern.

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