Einstein Academy: Großforschung in der beruflichen Bildung
Wenn es nach der Berufsbildung in der Euregio Maas-Rhein geht, werden sich in Zukunft alle Schüler:innen mit dem Einstein-Teleskop beschäftigen können. Von IKT-Fachleuten über Bauingenieur:innen bis hin zu Hoteliers – das neue Kooperationsprojekt „Einstein Academy“ will sie alle darauf vorbereiten, einen Beitrag zum Einstein-Teleskop zu leisten.
Das Einstein-Teleskop ist eine Chance für die Grenzregion zwischen Belgien, Deutschland und den Niederlanden, meinen drei Bildungseinrichtungen im niederländischen Limburg. Mit ihrer neuen Partnerschaft, der Einstein Academy, wollen sie ihre Schüler:innen auf alle erforderlichen Hightech-Installationen, Infrastrukturen und Einrichtungen vorbereiten. Wir sprechen mit André Postema (Hochschulpräsident der Zuyd University of Applied Sciences) und Ferdinand van Kampen (strategischer Berater der VISTA-Hochschule) über Großforschung in der beruflichen Bildung.

Die Einstein Academy, was ist das?
André Postema (AP): „Die Einstein Academy ist eine Partnerschaft der euregionalen Berufsbildung (niederländisches und belgisches Limburg, Nordrhein-Westfalen) zur Umsetzung der Humankapital-Agenda des Einstein-Teleskops. Denn sobald die Euregio Maas-Rhein den Zuschlag für das Observatorium erhält, müssen wir in der Lage sein, die Planung, den Bau, die Inbetriebnahme und die Wartung der Anlage zu übernehmen. In der Einstein-Akademie bilden wir die Fachleute dafür aus.“
Wer ist daran beteiligt?
AP: „Im Moment sind es bereits die Fachhochschule Zuyd, die Fontys University of Applied Sciences, die HAS Green Academy, das VISTA College, Gilde Opleidingen und Yuverta aus dem niederländisch-limburgischen Bildungssektor. Darüber hinaus streben wir eine internationale Zusammenarbeit mit den belgischen Universitätskollegs Leuven-Limburg und PXL (Hasselt) sowie der deutschen Fachhochschule Aachen an.
Wir werden gleich nach dem Sommer mit der Entwicklung des Programms beginnen, und zwar gemeinsam mit den beteiligten Bildungseinrichtungen. Die Studierenden können dann ab 2025 im Rahmen ihres bestehenden Studiums an diesem Programm teilnehmen: ganz oder in Teilen. Das Ziel ist, dass dies zu einem zusätzlichen Zertifikat oder einer Beitrag dazu führt.“

Warum ist das Berufszertifikat so wichtig für das Einstein-Teleskop?
Ferdinand van Kampen (FvK): „Geschichten über das Einstein-Teleskop beginnen oft mit Gravitationswellen, dem fernen Universum. Das ist für Forschende aufregend, aber die ersten Menschen, die mit dem Einstein-Teleskop arbeiten werden, sind Menschen aus Berufsschulen. Sie werden die unterirdischen Tunnel bauen, die Datenzentren einrichten und die Geräte herstellen. Wir wollen die Fachleute ausbilden, die das alles können.“
Was wird den Schüler:innen an der Einstein-Akademie besonders auffallen?
FvK: „Es wird keinen separaten Kurs für das Einstein-Teleskop geben; im Prinzip kann jeder in unseren bestehenden Kursen damit in Berührung kommen. Zum Beispiel als Fall in einem technischen Designkurs oder auch im Studiengang Hospitality Management. Schließlich wird das Einstein-Teleskop alle möglichen internationalen Expert:innen anziehen, die auch irgendwo wohnen und Einrichtungen nutzen wollen. Das sind alles Möglichkeiten für ausgebildete Fachkräfte.“
AP: „Im Kern handelt es sich um eine Chance für ingenieurwissenschaftliche Studiengänge wie Maschinenbau, Konstruktion, Mechatronik, Photonik und Optik sowie für IKT- und Informatikstudiengänge wie Informatik, angewandte Datenwissenschaften und künstliche Intelligenz. Darüber hinaus ist das Einstein-Teleskop auch für ein breiteres Spektrum von Studiengängen wie Raumplanung, Betriebswirtschaft und Facility Management von Interesse“.

Und was hat die Gesellschaft davon?
FvK: „Wir sehen das Einstein-Teleskop als großen Ansporn für die Wirtschaft in der Grenzregion: Natürlich in Form von direkten Arbeitsplätzen, denn all die Hightech-Geräte müssen entwickelt, installiert und gewartet werden. Aber auch indirekt: Die Lektionen, die Unternehmen am Einstein-Teleskop lernen, werden anderswo angewandt. So entstehen immer wieder neue Aktivitäten, wie man rund um das Wissenschaftszentrum CERN in Genf sehen kann.
Vergleichen Sie es mit Hybridautos: Sie stammen ursprünglich aus der Formel 1. In ähnlicher Weise werden Unternehmen alle Arten von Spitzentechnologien für das Einstein-Teleskop entwickeln, die dann auch in anderen Bereichen Anwendung finden werden.“
AP: „Mit der Einstein-Akademie nehmen wir unsere Verantwortung als Berufsbildungseinrichtung wahr, um sicherzustellen, dass wir bald tatsächlich das Wissen und die Leute haben, um die Anlage zu entwerfen, zu bauen, zu betreiben und zu warten. Das wird einen Schub für unsere Ausbildung, einen Schub für die Anlage und einen Schub für die Zulieferindustrie in der Region geben.“

Angenommen, das Einstein-Teleskop kommt nicht in unser Grenzgebiet, was dann?
FvK: „Das Einstein-Teleskop ist in gewissem Maße bereits hier. Die Universität Maastricht beherbergt nämlich den Teststand ETpathfinder, für den Unternehmen aus der Region bereits Aufträge ausführen. ETpathfinder wird auch während der Lebensdauer des Einstein-Teleskops künftige Upgrades testen, so dass es immer relevant bleiben wird, wo immer das Observatorium auch hingeht. Und das Hightech-Wissen, das wir anbieten – zum Beispiel die Verwaltung von Rechenzentren – beantwortet große Fragen, die die Gesellschaft ohnehin schon beschäftigen. Der Start des Einstein-Teleskops ist ein Projekt, das man nicht bereuen sollte; es lohnt sich immer, sich darauf vorzubereiten.“
Zum Schluss: Haben Sie einen Wunsch für die Zukunft?
FvK: „Das Einstein-Teleskop wird einen großen Einfluss auf seine Umgebung haben. Ich hoffe, dass wir es hier gemeinsam bauen und nutzen können, um unsere Region auf eine höhere Stufe zu heben.“
AP: „Unser Vorschlag für die Einstein-Akademie ist ein tolles Beispiel für die euroregionale Zusammenarbeit auf allen Ebenen der beruflichen Bildung. Das macht Lust auf mehr.“