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„Spannende Zeiten liegen vor uns“

Aus der Leitung des Projektbüros des Einstein Teleskops – Euregio Maas-Rhein blicken Hans Plets und Stan Bentvelsen auf ein arbeitsreiches Jahr 2024 zurück. Und sie werfen einen Blick auf das nächste Jahr.

Hans Plets (links) und Stan Bentvelsen beim ETpathfinder (Fotos: Jonathan Vos)
2024…

Hans Plets: „Auf jeden Fall war es ein ereignisreiches Jahr, so viel ist sicher. Ich denke dabei insbesondere an die erste Bohraktion an elf Standorten. Auch wenn es noch weiterer Analysen bedarf, lautet das vorläufige Ergebnis, dass der Boden für den Bau des Einstein Teleskops geeignet ist. Das kann man als gute Nachricht bezeichnen. Diese Bohrkerne werden registriert, analysiert und in einem Lager in Aubel gelagert, das uns seit diesem Jahr zur Verfügung steht. Übrigens wird nächstes Jahr ein zweites Lager hinzukommen. Außerdem hat die hydrologische Forschung begonnen. Mit anderen Worten: Wo finden wir unterirdisches Wasser und wie können wir es von unserem Einstein Teleskop fernhalten?

Außerdem wurden die ersten juristischen Studien zum Öffentlichen und Privatrecht durchgeführt. Wir haben eine gute Vorstellung davon, was uns im Falle des Baus des Teleskops aus rechtlicher Sicht bevorstehen würde. Es wurde eine Landschaftsskizze erstellt. Darüber hinaus wurde eine erste Aktion zur Messung der Auswirkungen von Umgebungslärm in großer Tiefe eingeleitet. Lärm kann zum Beispiel von einer Autobahn, einem Flughafen, einer Tankstelle oder von Kühen auf einer Wiese stammen. Und was kann man tun, um diesen Lärm zu dämpfen?“

Stan Bentvelsen: „Es gibt auch Entwicklungen, die in der Umwelt nicht sichtbar und dennoch sehr wichtig sind. Zum Beispiel die Konsultationen mit dem belgischen Bahnbetreiber Infrabel und mit der Eisenbahngesellschaft SNCB über den Rangierbahnhof im wallonischen Montzen. Dieser Rangierbahnhof könnte eine wichtige Rolle in der Logistik spielen. Und in Flandern, Wallonien und den Niederlanden wird über einen grenzüberschreitenden Ansatz bei der Valorisierung gesprochen. Dies ist eine gute Entwicklung. So werden wir im Frühjahr gemeinsam mit einemStand und eine einheitliche Geschichte auf der Hannover Messe sein.“

Wann können wir mit den Ergebnissen all dieser Studien rechnen?

Hans Plets: „Einzelne Bausteine der Forschung A oder B sagen nicht viel aus. Es geht um die Bausteine in ihrer Wechselbeziehung. Diese sollten irgendwann die Frage beantworten, ob wir das Einstein Teleskop hier bauen können. Deshalb haben wir uns darauf geeinigt, regelmäßig einen ‚Continue-unless‘-Moment einzubauen. Dann prüfen wir, ob wir auf Probleme stoßen, die den Bau des Einstein Teleskops unmöglich machen. Wenn das nicht der Fall ist, werden wir weitermachen. Die erste Analyse der Bohraktion war ein solcher Moment. Diese Ergebnisse fielen positiv aus. Bisher sind wir also auf keinen Showstopper gestoßen. Das ist gut. Wir wissen aber auch, dass es noch viel zu tun gibt. Wir wollen das Fell nicht verkaufen, bevor der Bär tatsächlich erlegt ist. Aber wir sind optimistisch.“

Und international?

Hans Plets: „In diesem Jahr haben sogar zwei Ministerkonferenzen zum Einstein Teleskop stattgefunden. Im Mai in Eupen und im Oktober im Einstein Telescope Education Centre in Kerkrade. Dort gab Flandern bekannt, dass es in Erwartung weiterer Gespräche über die Finanzierung bereits eine erste Reservierung von 200 Millionen Euro für den Bau des Einstein Teleskops vorgenommen hat. Alle neuen Regierungen in Belgien haben nach den Wahlen angedeutet, dass sie sich uneingeschränkt für das Teleskop einsetzen wollen.“

Stan Bentvelsen: „In Deutschland hat der Prozess begonnen, Prioritäten für mögliche zukünftige wissenschaftliche Infrastrukturen zu setzen. Das Einstein-Teleskop steht ausdrücklich auf dieser Liste der Ambitionen. Dies mag sich vage oder formal anhören, aber für die Insider sind dies wichtige Schritte. Und hinter den Kulissen sorgen die Ministerien natürlich dafür, dass unsere Kandidatur in Europa und darüber hinaus bekannt gemacht wird.

Unsere Partner des Projektbüros sind ebenfalls sehr aktiv. Die niederländische Provinz Limburg organisierte im vergangenen Frühjahr ein sehr erfolgreiches Treffen in Brüssel – dem Ort, an dem Entscheidungsträger:innen, Wissenschaftler:innen und Industrie zusammenkommen. In Wallonien wird derzeit ein Team gebildet, um den wallonischen Beitrag zum Projektbüro zu stärken. Und in Kerkrade wurde das Einstein Telescope Education Centre eröffnet, das Schulkindern die Welt der Technik und der Wissenschaft näher bringt. Daran sind auch die umliegenden Länder interessiert.“

Die Umgebung?

Hans Plets: „Wir haben zehn öffentliche Versammlungen organisiert, um die Anwohner:innen über das Einstein Teleskop zu informieren und darüber, was wir im Rahmen der Bohraktion unternehmen werden. Die Plätze dabei waren voll besetzt. Dort haben wir nicht nur unsere Geschichte erzählt, sondern auch zugehört, was die Menschen bewegt. Wichtigster Punkt: ein schonender Umgang mit der Umwelt. An diesen Bohrstellen haben wir Besichtigungstermine organisiert. Und vom Projektbüro aus haben wir in diesem Jahr bereits 100 Präsentationen durchgeführt. Wenn nicht noch mehr.“

Das hört sich alles gut an. Haben Sie Bedenken?

Stan Bentvelsen: „Da ich immer positiv denke, bezeichne ich es lieber als ‚Fokuspunkte‘. Natürlich gibt es aber Aspekte, auf die wir keinen oder nur begrenzten Einfluss haben. Schließlich sind wir auch von anderen Entwicklungen abhängig. Welche Anforderungen wird zum Beispiel die europäische Organisation ETO stellen, die vorgibt, was das Einstein Teleskop alles erfüllen muss? Darauf warten wir noch immer.

Und natürlich sind wir auch neugierig, wie es bei unserem italienischen Mitbewerber auf Sardinien aussieht. Die Italiener wollen kein Dreieck bauen, sondern ein L-förmiges Teleskop. Und das geht nur, wenn an anderer Stelle auch ein L-förmiges Teleskop gebaut wird. Inzwischen haben wir vor kurzem offiziell erfahren, dass auch das deutsche Bundesland Sachsen seine Absicht bekundet hat, das Einstein-Teleskop zu bauen. Wir müssen abwarten. Deshalb sollten wir uns vor allem auf unsere eigene Arbeit konzentrieren.“

Was erwarten Sie vom nächsten Jahr?

Hans Plets: „Wir erwarten die ersten Ergebnisse der Studie über die Auswirkungen von Windkraftanlagen. Dabei geht es darum, ob Maßnahmen ergriffen werden können, um unerwünschte Geräusche von Windkraftanlagen zu reduzieren. Eine zweite Bohraktion wird im nächsten Jahr folgen. Auf der Grundlage der Analysen der ersten Bohraktion werden wir die weiteren Standorte festlegen. Darüber hinaus wird Ende Januar eine aktive seismische Aktion beginnen. Dann fährt ein elektrischer Wagen durch das Suchgebiet. Indem elektrische Schwingungen in den Boden gesendet werden, wird die Struktur des Bodens über die Reflexion dieser Ströme weiter abgebildet. Es hört sich einfach an, aber die Ausarbeitung ist eine einzigartige technische Meisterleistung.“

So lässt sich feststellen, ob das alles unterirdisch möglich ist. Was wird oberirdisch geschehen?

Stan Bentvelsen: „Derzeit geht es vor allem um Studien, die potenzielle Auswirkungen aufzeigen. Hans erwähnte bereits die hydrologische Studie. Die wird natürlich fortgeführt. Das ist nicht nur für uns wichtig, auch die Region ist neugierig: Können wir angesichts der jüngsten Überschwemmungen etwas aus unseren Studien lernen? Und umgekehrt soll das Gebiet natürlich nicht austrocknen, weil wir Wissenschaftler:innen dort ein Teleskop bauen wollen.

Unser Stakeholder-Management wird mehr Aufmerksamkeit erfordern. Ich habe bereits unsere Logistik und die Art und Weise, wie wir mit ausgehobenem Land umgehen, erwähnt. Können sie anderswo auf sichere Weise noch von Wert sein? Und wie können wir nachhaltig bauen? Nachhaltigkeit ist ein weit gefasster Begriff: Man spricht von nachhaltigen Materialien, nachhaltiger Logistik oder nachhaltigen Arbeitsweisen. Die Antwort lautet also: so viel wie möglich. Auch wenn jetzt schon viel untersuchen werden kann, kann man sich erst dann wirklich darauf konzentrieren, wenn der Ort für den Bau des Dreiecks feststeht.“  

Naheliegende Frage: Wird 2025 feststehen, wo die Scheitelpunkte des Dreiecks liegen werden?

Hans Plets: „Davon gehen wir aus. Mindestens ebenso wichtig wie die Lage der Scheitelpunkte ist die Frage, wie der Tunnel gebaut werden soll. Das meinte ich mit all den Bausteinen, die sich bald zu einer kohärenten und fesselnden Geschichte zusammenfügen sollten, die schließlich in unserem Bidbook landen wird. Das ist ein weiterer Punkt, auf den wir uns im nächsten Jahr konzentrieren werden. Uns stehen aufregende Zeiten bevor.“ 

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