Zum Inhalt springen

Die Chancen sehen wollen

Das letzte Treffen einer ganzen Reihe zur Ausstellung über das Einstein-Teleskop in Genk zeigte besonders treffend die Chancen für Unternehmen auf. Und das Tolle daran war, dass nicht nur die Organisatoren FWO Flandern oder POM Limburg, sondern vor allem die Unternehmer selbst dies mit großem Enthusiasmus und großer Inspiration demonstrierten. Eine überzeugende Geschichte für Unternehmen in Belgien, den Niederlanden und Nordrhein-Westfalen, diesmal aus Flandern geschrieben.

Für jedes Unternehmen

Wo vielleicht manchmal noch der Eindruck besteht, dass das Einstein-Teleskop nur etwas für innovative Hightech-Unternehmen bedeuten kann, die in der internationalen Spitze mitspielen, widerlegte Jef Hoste von Werkhuizen Hengelhoef das. „Als wir als kleiner Maschinenbauer aus Genk unser Interesse bekundeten, wussten wir nicht, dass wir bei einem so großen, internationalen Projekt auf solche Möglichkeiten stoßen würden“, erklärte er den anderen Unternehmern im Saal.

Es begann für die Werkhuizen Hengelhoef als Teilnehmer an dem inzwischen abgeschlossenen Interreg-Programm ET2SMEs. Hier konnten kleine und mittlere Unternehmen grenzüberschreitend an Produkten oder Entwicklungen für das Einstein-Teleskop zusammenarbeiten. Der Maschinenbauer aus Genk bildete ein Konsortium mit FEF aus Aachen und gemeinsam machten sie sich an die Arbeit, unterstützt mit 50.000 Euro aus ET2SMEs.

Jef Hoste, Werkhuizen Hengelhoef

CERN

Jef Hoste schloss sich nach einem Besuch am CERN in der Schweiz einem zweiten Konsortium mit den Werkhuizen Hengelhoef an. Auf Anregung von Professor Achim Stahl von der RWTH Aachen und zusammen mit u. a. der Universität Antwerpen, der Universität Hasselt und einigen Unternehmen wurde ein neues Konsortium zur Entwicklung von Vakuumleitungen für das Teleskop gebildet.

Dass das „kleine Ingenieurbüro“ diese Bescheidenheit ablegen kann, zeigte sich an der interessanten Entwicklung, von der uns Hoste berichtete. Das Unternehmen arbeitet an einem Verfahren, bei dem die langen Rohre nicht schon in der Fabrik zusammengebaut werden. Stattdessen soll dies über ein ausgeklügeltes System tief unter der Erde im zukünftigen Einstein-Teleskop geschehen. Besonders „gepunktet“ hat hier bei den Zuhörern im Raum, dass dieses Verfahren bald für viel weniger Transportbewegungen sorgen und damit zur Nachhaltigkeit beim Bau beitragen wird.

Talent

Ingrid Neven von YPTF-Engineering erläuterte, wie das Einstein-Teleskop auch in den Unternehmen selbst für Auftrieb sorgt. Sie wies darauf hin, dass die Teilnahme am Einstein-Teleskop nicht nur eine Geschichte des Umsatzes und des „Was ist für mich drin“ ist. Der Enthusiasmus der eigenen, meist jungen Mitarbeiter hat intern für Auftrieb gesorgt. Eine geradezu positive Stimmung! Das Ergebnis ist nicht nur ein Gewinn an Aufträgen oder Umsatz, sondern vor allem eine Steigerung der Attraktivität für neue Mitarbeiter. In einem angespannten Arbeitsmarkt ist das ein Vorteil. Darüber hinaus hat YPTF-Engineering auch Kontakte zu Unternehmen jenseits der Grenze geknüpft und ist seitdem Teil von Netzwerken und Ökosystemen, zu denen es vorher keinen Zugang hatte.

Ingrid Neven, YPTF-Engineering

Inwertsetzung

Handelt es sich also nur um Erfolgsgeschichten, und wird alles bald zu einer konkreten Zusammenarbeit beim Bau des Einstein-Teleskops führen? Auch das muss man differenzieren. Entwicklung kostet Geld und Zeit, und nicht immer gibt es Interreg-Projekte, die diese Kosten etwas abfedern. Und wenn man über die Grenzen hinweg zusammenarbeitet, muss man sich mit eben dieser unterschiedlichen Herangehensweise über die Grenze hinweg und mit kulturellen Unterschieden auseinandersetzen. Auch die Kollegen von Jef Hoste und Ingrid Neven sprachen darüber. Dass „nicht alles auf dem Apothekentablett angeboten wird“ und dass man bereit sein muss, selbst den Kopf hinzuhalten, ist Teil der unternehmerischen DNA. Der Gewinn liege vielleicht nicht einmal in einem Auftrag für das Einstein-Teleskop selbst, sondern in der Anwendung des Erdachten oder Weiterentwickelten für andere Branchen. Kurzum, das Einstein-Teleskop als Inspirationsquelle für neue Geschäftsmöglichkeiten. Valorisierung nach Vorschrift.

Chancen

Die Zusammenfassung des inspirierenden Vormittags wurde eigentlich schon in der Eröffnungsrede von Simon Gheysen, Kabinettschef des flämischen Ministerpräsidenten Matthias Diependaele, gegeben. Er verknüpfte die Chancen für die Wirtschaft mit einem Zitat von Einstein. Frei übersetzt: Inmitten der Schwierigkeiten, die Chancen sehen wollen!

Fotos: Boumediene Belbachir

Teile diesen Artikel