Windkraftanlagen aus Holz gegen Vibrationen
Vibrationen von Windkraftanlagen können die Messungen des Einstein Teleskops stören. Bislang geht man von einer sicheren turbinenfreien Zone von etwa zehn Kilometern um das Teleskop aus, aber die Verwendung von Holztürmen für die Windräder anstelle von Beton könnte durchaus Aufsehen erregen. Achim Stahl, Direktor des Physikalischen Instituts an der RWTH Aachen, ist nach ersten Untersuchungen optimistisch. Hasslacher Green Tower in Österreich arbeitet an einem Prototyp.
Die meisten Windkraftanlagen bestehen aus einem Turm aus Beton und Stahl und stehen auf einem Betonfundament. Wenn sich die Kunststoffrotorblätter drehen, werden Vibrationen erzeugt, die das 250 Meter unter der Erde liegende Einstein Teleskop erreichen. „Die Forschung zeigt, dass Störungen möglich sind, wenn sie sich in einem Umkreis von etwa zehn Kilometern befinden“, sagt Achim Stahl. „Das Sicherste wäre also, den Abstand von zehn Kilometern beizubehalten. Politisch ist dies jedoch heikel, und wir wissen sehr wohl, dass die Windenergie in dieser Region ebenfalls eine Option ist.“

Vorteile von Holz
Derzeit gibt es eine „Pufferzone“ von etwa zehn Kilometern. Es wird untersucht, ob langfristig ein viel kleineres oder vielleicht gar kein windradfreies Gebiet in der Nähe des Teleskops benötigt wird.
„Wir wissen, dass Holz viel weniger Vibrationen überträgt als Metall und Beton. Ein Holzturm könnte also eine der Lösungen sein. Holz ist auch leichter, was unterschiedliche Fundamente ermöglicht, und es ist nachhaltiger als Stahl und Beton. Das alles sind weitere Vorteile.“
Durch ein weiteres Forschungsprojekt an der RWTH Aachen kam Achim Stahl in Kontakt mit dem österreichischen Unternehmen Hasslacher, einem weltweit führenden Hersteller von Brettschichtholz für Holzkonstruktionen in Brücken, Häusern, Bürogebäuden, Wohngebäuden usw. „Hasslacher arbeitet schon lange an einer Alternative zu Beton und Stahl in Windkraftanlagen. In der Tat befinden sich mehrere Optionen bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Wir haben Gespräche geführt und untersuchen nun, ob eine Konstruktion aus Holz tatsächlich Vibrationen im Boden reduziert. Die ersten Schlussfolgerungen, die unter anderem auf Simulationen beruhen, geben Anlass zu Optimismus.“

Viel Erfahrung
Carlo Schröder möchte im Namen von Hasslacher aus Österreich Stellung nehmen. „Wir arbeiten schon seit mehreren Jahren an einer Alternative zu den Betontürmen von Windkraftanlagen. Zwei Entwürfe wurden bereits vom TÜV genehmigt. Gemeinsam mit der RWTH tüfteln wir nun an einem dritten digitalen Prototyp speziell für Anlagen ab einer Höhe von 160 Metern. Technisch gesehen ist das gar nicht so kompliziert. Wir verfügen über umfangreiche Erfahrungen mit allen Arten von Holzanwendungen in Baukonstruktionen. Wir halten es definitiv für ein geeignetes Material für Windkraftanlagen, ein neuer Markt mit Perspektiven für uns. Deshalb kooperieren wir auch gerne mit der RWTH. Wir lernen mehr über die nachhaltigen Aspekte und die Dämpfung von Vibrationen. Und natürlich wäre es toll, wenn wir indirekt zum Bau des Einstein Teleskops bei Aachen beitragen könnten.“
Vier Rahmen
Der Ingenieur von Hasslacher stellte Zahlen und eine Reihe von Bildern über den Prototyp zur Verfügung, darunter eine Animation einer Windkraftanlage in der Landschaft. Eine Konstruktion aus vier sich verjüngenden Holzrahmen (genau wie bei den alten Fachwerkhäusern) mit einem Stahlrohr oben, an dem die drei Rotorblätter befestigt sind. „Insgesamt 200 Meter hoch, wenn man die Rotorblätter mit einbezieht. Neunzig Prozent der Struktur bestehen aus Holz, einschließlich des Hohlschachts in der Mitte, in dem alle Kabel und der Wartungsaufzug Platz finden. Wir sind in der virtuellen Testphase schon weit fortgeschritten. Diese Konstruktion ist solide und kann es durchaus mit den bestehenden Windkraftanlagen aus Beton und Stahl aufnehmen. Der einzige Unterschied ist, dass die Holzkonstruktion leichter ist und anders gegründet werden kann, nämlich auf vier Punkten mit weniger Beton.“
Vor allem letzteres ist bei Vibrationen relevant, weiß Achim Stahl nach umfangreichen Recherchen. „Genaue Zahlen haben wir noch nicht, wir wollen bald in der Praxis testen können. Die Simulationen sind jedoch vielversprechend. Ich glaube wirklich, dass die windradfreie Zone um das Einstein Teleskop bald viel kleiner sein könnte.“ Carlo Schröder nickt, nennt aber keine konkreten Zahlen. „Wir wissen mehr über Holz und was man damit machen kann. Man kann die Türme mit Holz aus speziellen Kulturwäldern bauen, also auf nachhaltige Weise. Für die neue Art von Windkraftanlage werden 400 bis 500 Kubikmeter dieses Holzes benötigt. Das bedeutet eine Bindung von 400 bis 500 Tonnen CO2. Außerdem hält Holz sehr lange, sicherlich die 20-jährige Lebensdauer, die derzeit für Windkraftanlagen gilt. Danach ist das Holz leicht für andere Zwecke wiederverwendbar.“
Auswirkungen auf die Gesellschaft
„Vergleichen Sie das mit der Verwendung von Beton und Stahl“, fügt Achim Stahl hinzu. „Seine Herstellung ist energieintensiv und alles andere als zirkulär. Natürlich gilt unser Hauptinteresse bei dieser Forschung dem Einstein Teleskop, aber damit nicht genug. Weitere Punkte sind Nachhaltigkeit, u. a. weniger CO2-Emissionen, und andere Anwendungen. Aktuelle Generationen von Windturbinen stören auch andere seismologische Messungen, z. B. die von möglichen Erdbeben. Die Auswirkungen auf die Gesellschaft beschränken sich also nicht nur auf dieses besondere Teleskop.“
Hasslacher ist in Gesprächen mit europäischen und chinesischen Windkraftanlagenherstellern über das Potenzial von Holzkonstruktionen. „Die Herausforderung besteht darin, den Selbstkostenpreis unter denjenigen der aktuellen Modelle zu senken“, sagt Carlo Schröder. „Das sollte funktionieren, zumal Holzkonstruktionen an Hängen und anderen schwierigen Stellen leichter zu errichten sind. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Zunächst wollen wir bis zum Sommer nächsten Jahres einen Prototyp bauen, der Aufschluss über die Vibrationen geben wird.“ Womit sich vielleicht auch eine andere Frage für das Konsortium des Einstein Teleskops beantworten lässt.
