Das Einstein-Teleskop als Motor für europäische technologische Stärke und Zusammenarbeit
Der Bericht „Valorisatieperspectief Einstein Telescope” (Valorisationsperspektive Einstein-Teleskop) zeigt, welches Potenzial in den Technologien steckt, die für dieses bahnbrechende Teleskop entwickelt werden. Sie sind nicht nur für das Projekt selbst von entscheidender Bedeutung, sondern auch andere Sektoren können davon profitieren. So trägt das Einstein-Teleskop zu einer stärkeren, autonomeren Position Europas in der Welt bei. Wir sprechen darüber mit Jorg van der Meij, Programmmanager bei LIOF.
Der Bericht „Valorisatierapport Einstein Telescope” basiert auf den Entwicklungen in den Niederlanden, dem Tätigkeitsbereich von LIOF. Die positiven Auswirkungen stärken ganz Europa. Wie kommt das?
Jorg: „Durch die Zusammenarbeit an der Technologie und dem Wissen rund um das Einstein-Teleskop bauen wir etwas auf, das nicht nur unserer Region, sondern ganz Europa weiterhilft. Die Technologiebereiche des ET, wie Schwingungsdämpfung und Kryotechnik, wurden von Europa als strategisch wichtig eingestuft. Damit setzen wir die europäische Ambition, weniger abhängig von anderen Kontinenten zu werden, konkret um.
Die für den Bau des Teleskops erforderlichen Innovationen erfordern erhebliche Anstrengungen im Bereich der Forschung. Das fordert unsere Hightech-Unternehmen zu Innovationen heraus und liefert Lösungen, die auch außerhalb des Teleskops einsetzbar sind. Auf diese Weise stärken Unternehmen ihre eigene Wettbewerbsposition und es entstehen neue Märkte.“

Der Bericht spricht von neuen Wertschöpfungsketten. Dabei geht es um die Wertsteigerung eines Produkts oder Prozesses. Was ist damit konkret gemeint? Und was hat Sie bisher am meisten überrascht?
Jorg: „Es beginnt mit einer Gruppe begeisterter Menschen, die sich für Hightech begeistern. Aber echter Wert entsteht erst, wenn wir Verbindungen zu anderen Branchen herstellen. Denken Sie beispielsweise an Technologien rund um die Kryokühlung – das Kühlen auf extrem niedrige Temperaturen von 10 bis 20 Grad Kelvin –, die nicht nur für das Einstein-Teleskop von entscheidender Bedeutung ist, sondern auch in Bereichen wie der Medizin und der Quantentechnologie relevant ist.
Was mich am meisten überrascht hat, ist, wie schnell neue Kooperationen zwischen Parteien entstehen, die sich sonst nie gefunden hätten. Das Einstein-Teleskop fungiert dabei als gemeinsame Herausforderung und Katalysator. Das führt zu neuen Kombinationen und Anwendungen. Das ist ein reiner Gewinn.“
In dem Bericht wird der positive Einfluss auf schnell wachsende Märkte erwähnt. Welcher sticht besonders hervor und warum?
Jorg: „Es ist nicht ein bestimmter Markt, der besonders hervorsticht. Verschiedene Sektoren werden davon profitieren. Zum Beispiel die Halbleiterindustrie und die Präzisionstechnologie. In dieser Kette können wir große Fortschritte erzielen, insbesondere mit vibrationsfreier Kühlung und hochpräziser Optik.
Das passt perfekt zu den Stärken der Niederlande und trägt zur technologischen Unabhängigkeit Europas bei. Wir haben uns derzeit auf fünf Technologiebereiche konzentriert, aber langfristig erwarte ich, dass noch viele weitere Anwendungsbereiche hinzukommen werden. Wir sehen bereits, dass Unternehmen begeistert sind und aktiv mitdenken wollen, um gemeinsam innovativ zu sein.“
Die Mondmissionen der NASA haben zu unserer heutigen Art der Gefriertrocknung von Lebensmitteln oder der Reinigung von Trinkwasser geführt. CERN hat uns das heutige Internet beschert. Was können wir von den Technologien für das Einstein-Teleskop erwarten?
Jorg: „Diese Frage wird mir oft gestellt. Aber es ist schwierig, schon jetzt genau vorherzusagen, welche konkreten Anwendungen sich aus diesen Technologien ergeben werden. Die Innovationen sind so bahnbrechend, dass zweifellos überraschende Anwendungen entstehen werden.
Denken Sie beispielsweise an vibrationsfreie Kühlung mit minimaler Geräuschentwicklung: Das kann bestehende Produkte verbessern oder sogar völlig neue Technologien ermöglichen. Wer weiß, vielleicht können wir damit in Zukunft bessere Medikamente entwickeln oder fortschrittlichere medizinische und optische Systeme bauen. Wir stehen noch am Anfang, aber die Zeichen sind vielversprechend.“
Wann sind Sie mit den Ergebnissen des Verwertungsprojekts, für das LIOF verantwortlich ist, zufrieden?
Jorg: „Wenn es uns gelingt, Wissenschaft, Industrie und Politik wirklich miteinander zu verbinden. Das Einstein-Teleskop ist ein wunderbares internationales Projekt, mit dem wir dies unter Beweis stellen können. Wir arbeiten bereits intensiv mit anderen Ländern zusammen und richten dabei auch grenzüberschreitende Forschungsprojekte ein.
Das ultimative Ziel? Dass das Einstein-Teleskop hier gebaut wird und dass die dafür erforderlichen Technologien in neuen Anwendungen breite Anwendung finden. Dazu möchten wir so viele Unternehmen wie möglich für eine Teilnahme begeistern.
Wir arbeiten an einem klaren Fahrplan, um die Chancen für Unternehmen transparent zu machen. Und ihnen klar zu machen, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um einzusteigen.“


